"Büdesheimer Verzellchen"
- Anekdoten, Geschichten und Erinnerungen, von Büdesheimern bzw. ehemaligen Dorfbewohnern erzählt -
Wenn früher etwas seltsames, komisches aber auch wahres im Ort passierte, so erzählte man es weiter, offen oder auch hinter vorgehaltener Hand. Mit der Zeit wurde dann etwas hinzugefügt oder auch wegelassen, wie das so ist. So entstanden dann Geschichten, die man sich heute noch erzählt bzw. bei den älteren Dorfbewohnern noch bekannt sind. Wir werden diese Geschichten sammeln und hier niederschreiben, wenn möglich in Mundart.
Und wieder sind wir auf Mithilfe angewiesen. Kennt noch jemand alte Geschichten aus dem Ort und möchte sie hier veröffentlichen? Dann bitten wir um Zusendung. Herzlichen Dank! Bitte per E-Mail an Udo.Schikora@t-online.de senden.
Das alte Bahnhofsgebäude - Erzählt von Detlef Heinen, Ex-Büdesheimer, lebt heute in Heide, Schleswig-Holstein.
Was meine nennenswerten Erinnerungen anbetrifft, so sind diese so langsam erschöpft. Was viel-leicht noch anzumerken ist, wäre der alte Bahnhof nebst Wohnhäuser. Bis etwa 1970 oder `71 war ein Haus noch bewohnt. Aus diesem besagten Haus, was sich vor dem Bahnhofsgebäude befand, schaute ab und an eine Frau aus einem offenen Fenster, der oberen Etage, heraus. Könnte sein, dass ihr damaliger Anlaß das Rauchen einer Zigarette war (?).
Im Nachhinein betrachtet, ist es sehr schade, dass letztlich alle Gebäude abgerissen worden sind (das Bahnhofsgebäude wurde bis zum Schluß noch verschont). Was hätte man mit den Gebäuden und dem umliegenden Gelände alles machen können?? Die Basis für Strom und Wasser war gegeben. Einige Jahre später, wären sicherlich einige gutsituierte Niederländer oder Belgier dazu bereit gewesen, dort, wenn es die alten Gebäude noch gegeben hätte, zu investieren. - "Kleine" Fehler der Vergangenheit.
Bahnpersonal vor dem alten Büdesheimer Bahnhof.
Foto: Bildarchiv Katja Felmer, Büdesheim.
Das fliegendes Fass beim Burgbrennen in Büdesheim - Erzählt von Detlef Heinen
Es war entweder im Februar 1971 oder `72, da wäre es beinahe zu einem Unglück, während dieses sogenannten Burgbrennens gekommen. Als an diesem Abend alles mehr oder weniger fertiggestellt war und das Strohkreuz mit dem sich umgebenden Strohwall angezündet wurde, kam erstmal Freude bei den Anwesenden auf. Man war fröhlich, trank und begann allmählich Kartoffeln, eingewickelt in Alufolie am Randbereich des Feuers (Glut), zu garen. Die Gefahr die sich ca. 4 bis 5 Meter von der Feuerstelle befand, wurde außer acht gelassen. Jenes war nämlich ein Heizölfass der damaligen genormten Größe (Höhe vll. 1 m). Eine bestimmte Menge des Inhalts dieses Fasses, wurde als Brandbeschleuniger vor dem Anzünden, des errichteten Stohkreuzes, verwendet. Jedenfalls hatte sich dieses Fass zu späterer Stunde so stark erwärmt, dass sich das darin befindliche Heizöl entzündete. Zum Glück war dieses Metallfass an der Außenwandung mit einigen querverlaufenden Metallringen verstärkt, sodass im Augenblick des Entzündungsvorgangs das Fass nicht horizontal zerbarst, sondern der Bodendeckel sich aus der Halterung löste. Infolge dessen erhob sich das Fass vom Boden und schnellte gen Himmel. Am anderen Tag konnte man das Landeziel - des Fasses - ausfindig machen. Es lag ungefähr in der Mitte zwischen der B 410 und dem Post-Fernmeldehäuschen, auf der dortigen verschneiten Wiese.
Foto: Udo Schikora, Büdesheim
Hinsichtlich des "Burgbrennens", fiel mir aus alten Erzählungen noch ein, dass noch in der Zeit vor Fertigstellung und der Inbetriebnahme der B410 auch gelegentlich jener Brauch gepflegt wurde, dass von der dortigen Anhöhe aus, brennende Autoreifen hinunter ins Tal rollen gelassen wurden. Naja, heutzutage undenkbar.
Wann die Bundestrasse 410 fertiggestellt wurde, weiß ich leider auch nicht mehr (weil meine Eltern- samt mir- zogen Anfang 1966 aus dem Haus in Büdesheim weg und kamen im Sommer 1969 wieder). Jedenfalls 1969 war diese bereits existent, da die Shell-Tankstelle (wo heute ein Imbiss ist/war) schon existierte. Der Inhaber/Betreiber dieser Shell-Tankstelle und seine Frau kamen aus Prüm; er hieß Ewald Caspers. Beide waren sehr nett und ich erinnere mich, dass es damals von Shell Münzen gab (wenn man eine bestimmte Menge Benzin/Diesel tankte), welche man in einem dafür speziellen, bebilderten Münzkatalog aufbewahren konnte. Auf diesen Münzen waren unterschiedliche Motive/Abbildungen von Astronauten des US-Amerikanischen Raumfahrtprogramms aufgedruckt; mir noch fehlende Münzen erhielt ich dann kostenlos meist von Frau Caspers.
Zur Existenz der damaligen Shell-Station sei noch anzumerken, dass sie die einzigste Tankstelle an der B410 war, die sich ungefähr mittig auf der Strecke zwischen Prüm und Gerolstein befand. Eine gewisse denkbare Parallelität zur weit zurückreichenden Römerstrasse (Trier-Köln), wo einst die Pferde getränkt oder gewechselt wurden. Nur, dass ca. 1600 Jahre später diesmal Verbrennungskraftstoff oder Reparatur den Grund für den Halt der "Reisenden", mit den zeitgemässen Fortbewegungsmitteln, darstellte.
Symbolfoto eines Tandemhubschraubers oder auch Bananen-hubschrauber. So wie die Französische Armee diesen wohl in den 60iger und 70iger Jahren genutzt haben. Foto: Von DoubleH63 - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=17385671
Das französische Manöver und das französische Munitionslager - Erzählt von Detlef Heinen
1. Das Manöver der Franzosen
Anfang der 70iger Jahre (`71/`72), wurde mal ein mehrere Tage andauerndes Manöver der französischen Armee, nicht weit von unserem damaligen Haus, durchgeführt. Nun weiß ich nicht, ob es sich bei diesem Manöver um ein NATO-Manöver handelte oder nur französische Einheiten daran beteiligt waren. Das Ganze fand statt auf einem Wiesen-/Weidengelände, welches sich dort befindet, wenn man auf der Straße Richtung ehemaligen Bahnhof links abbiegt und die lange Gerade befährt, dann aber am Ende nicht links, sondern sich rechts hält in den Feldweg. Diesen dann weiter beschreitet, bis rechtsseitig eine offene Hangneigung beginnt und sich plötzlich ein groß ausgedehntes, freies Gelände offenbart. Auf diesem besagten Gelände waren etliche getarnte Mannschaftszelte und einiges an militärischem Equipment aufgebaut. Hubschrauber kamen auch zum Einsatz. Weiß nun nicht, wie diese Hubschraubermodelle fachlich genannt werden; jedenfalls als Kind wurden diese großen Flugapparate als Bananenhubschrauber bezeichnet.
Von diesen Hubschraubern aus seilten sich Soldaten - aus einer Höhe von vllt. 10 bis 12m - auf das Manövergelände ab. Sah zu dieser Zeit schon sehr beeindruckend aus.
Außer den Hubschraubern in der Luft waren auch Kettenfahrzeuge/Panzer unterwegs. Diese hatten auch die asphaltierten Straßen - im Rahmen dieses Manövers - in und um Büdesheim ziemlich malträtiert. Unmittelbar nach diesem ganzen Manöver-Spektakel sind die betroffenen geteerten Straßen, welche in Mitleidenschaft gezogen wurden, mit Rollsplitt ausgebessert worden. War nicht ganz ohne Risiko, wenn man kurz danach auf diesen Straßen mit dem Fahrrad unterwegs war. Nach diesem Manöver ist meines Wissens nach etwas Derartiges dort nie mehr wieder durchgeführt worden. Möglicherweise war es damals auch eine Übung im Rahmen des Kalten Krieges.
P.S.: Von welchen unterschiedlich militärischen Stützpunkten nun die Soldaten kamen, ist mir nicht bekannt.
2. Das Munitionslager
Von dem nahen gelegene Munitionslager aus kam häufig im Frühjahr/Sommer ein Mannschaftswagen der französischen Armee zum Sportplatz/Bolzplatz (der sich von der Kirche ausgesehen östlich zwischen der Straße Richtung Birresborn und parallel zur B410 befindet/befand; ob dieser heute noch existent ist, entzieht sich meiner Kenntnis). Meist kamen sie gegen Abend, wenn wir, eine zusammengewürfelte Kindermannschaft bereits unser Spiel beendet hatten (leider gab es keine offiziellen Jugendmannschaften e, c oder b-Jugend im Ort). Jedenfalls sprangen meist 12 bis 15 Personen oder gar mehr aus dem Mannschaftswagen und kickten los. Darunter einige mit schwarzer Hautfarbe. Zum Glück war dies damals (!), für uns Heranwachsende, genau so normal wie eine bunte Kuh auf der Weide. Null Vorurteile oder seltsame Ressentiments.
Zu den französischen Soldaten sei noch anzumerken, dass diese sich im Vergleich zu den auch nicht allzu weit entfernt stationierten US-Streitkräften sehr reserviert hielten.
Heute wird ja dieses ehemalige Munitionslagergelände privat genutzt. - Wenn man gegenwärtig am ehemaligen dortigen Haupteingang vorbeifährt (Richtung Birresborn), kommt ca. 60-100m weiter auf der rechten Seite eine Abfahrt, die so wirkt, als ob es zu einer Art Parkbucht ginge. Dort standen damals 2 oder 3 Wohnhäuser - der französischen Einheit zugehörig - mit gelblichem Wandputzanstrich; außerhalb des vom Militärgelände umgebenden Zaunes.
Heute wird ja dieses ehemalige Munitionslagergelände privat genutzt. - Wenn man gegenwärtig am ehemaligen dortigen Haupteingang vorbeifährt (Richtung Birresborn), kommt ca. 60-100m weiter auf der rechten Seite eine Abfahrt, die so wirkt, als ob es zu einer Art Parkbucht ginge. Dort standen damals 2 oder 3 Wohnhäuser - der französischen Einheit zugehörig - mit gelblichem Wandputzanstrich; außerhalb des vom Militärgelände umgebenden Zaunes.
Büdesheimer Kapuzen
Eine Anekdote aus dem Leben der Sodalität aus Schönecken spielt im Jahr 1892 im Dorf Büdesheim. Die Sodalität spielte dabei allerdings eine eher unrühmliche Rolle:
Am 25. Januar 1892 hatte der Metzger Heinrich Manderscheid aus Schönecken die Gutsbesitzerin Susanne Leinen aus Büdesheim geheiratet und war dorthin verzogen. Als guter Junggeselle spendierte er seinem Verein wegen seines Austrittes ein Faß Bier, das im Lokal seiner Schwiegereltern verzehrt werden sollte.
Das Lokal Leinen befand sich in Büdesheim, so daß die Junggesellen beschlossen, dorthin einen Sonntagsausflug zu machen und als Abschluß das spendierte Bierfaß zu leeren. Der Vereinswirt Nikolaus Arenth fuhr die Junggesellen mit pferdebespanntem Wagen nach Büdesheim. Dort entbrannte schließlich in der Gastwirtschaft, wahrscheinlich nach reichhaltigem Alkoholgenuß, ein Streit über die Büdesheimer Mädchen.
Wie nun dieser Streit verlief, schilderte der zu besagtem Zeitpunkt in Büdesheim weilende Kreissekretär José in einem Schreiben an die Bürgermeistereien von Schönecken und Mürlenbach vom 27.6.1892:
Gestern Abend 7 ¼ Uhr entstand in Büdesheim eine Schlägerei zwischen dem Junggesellen-Verein in Schönecken und Büdesheimer Einheimischen, welche mit blutigen Köpfen endete. Neben großen Holzstücken spielten Messer, Eisenstangen, Mistgabeln etc. eine verhängnisvolle Rolle. Sie (an die Bürgermeister gerichtet, der Verf.) wollen sofort mit Hilfe der Gendarmerie an Ort und Stelle die nötigen Erhebungen anstellen und die Schuldigen ermitteln lassen, damit dieselben zur Bestrafung herangezogen werden. Dem anwesenden Kreissekretär, welcher sich in Begleitung des Dr. Lemmen, Forstassessor Israel und mehreren anderen Herren und Damen befand, wurde, als er vom Fenster des Leinen`schen Hauses aus die Täter zum Ablassen von ihren Untaten ermahnte, die Drohung zuteil, "er solle nur herunterkommen, dann bekomme er auch was ab". Eine solche Roheit und Besinnungslosigkeit ist noch nicht am hellen Tage auf irgendeinem Dorfe des Kreises gesehen worden. Polizei war nicht zu entdecken.
Auch der Wirt konnte nichts ausrichten. Abends hielten noch Schönecker Burschen, mit Mistgabeln versehen, die Dorfstraßen besetzt. Eine ganz exemplarische Bestrafung ist Ihrerseits bei der Staatsanwaltschaft zu beantragen.
Zum Sonntag, Montag und Dienstag sind 3 Gendarmen nach Büdesheim commandiert.
Abschrift erhalten Eure Wohlgeboren zur gefl. Kenntnisnahme und mit dem Ersuchen, dem Bürgermeisteramt Mürlenbach bei Ermittlung der Täter zur Hand zu gehen. Der Fahnenträger soll nämlich den Anfang gemacht haben.
Der Untersuchungsrichter des Landgerichts Trier leitete nach diesen Geschehnissen eine Strafsache gegen "Jacob Friederichs zu Schönecken und Genossen" ein. Dazu lud er folgende Schönecker als Zeugen vor:
Arenth Nikolaus, Gastwirt; Irsfeld Franz, Bäcker; Irsfeld Nilolaus, Ackerer; Neuerburg Nikolaus, Ackerer aus Wetteldorf; Hermes Theodor, Tagelöhner; Jakobs Christian, Schreiner; Schertes Matthisa, Ackerer; Schott Peter, Kaufmann; Brück Franz, Tagelöhner; Friedrichs Matthias, Tage-löhner; Robling Moritz, Tagelöhner; Zimmer Jakob, Mühlenknecht.
Wohl um einer möglichen Strafe zu entgehen, wanderten kurz nach diesem Ereignis zwei Sodalen ohne amtliche Genehmigung nach Amerika aus: Benedikt Rosch, Tagelöhner, und Apollinar Seiwerath, Schuhmacher. Dieser Apollinar Seiwerath war Fähnrich der Sodalität und soll laut mündlicher Überlieferung in Schönecken "ein barbarischer Schläger" gewesen sein. Der Überlieferung zufolge sollen auch fast alle heimkehrenden Sodalen Blessuren davon getragen haben. Viele hätten Kopfverbände angelegt. In Anspielung darauf sagte man in Schönecken später über die Beteiligten, sie hätten eine "Büdesheimer Kapuze" getragen. Die Schilderungen der Ereignisse von den Teilnehmern sollen meistens mit den Worten geendet haben: "Jungen, doa hoat et jeschloan."
Quelle: Leider ist heute die Quelle dieser Geschichte nicht mehr feststellbar.
Et Schonkensteckelchen
Dat Steckelchen, wat ech, ech wellen verzellen, mus em 1900 an Beddeshem pasiert sen. Menge Jrouspap, dä Burken Pitter, woar dumols noch janz jonk. Hä suz mat noch e poar annerer jonger Burschen bej Manderscheids an der Wiertsstuff, firr e poar Biercher ze tranken.
Do suz och nach en annere Maan aus Beddeshem, dän dofirr bekaant woar, dat hä jären de Schalek mat de Legge much. Dä Maan sod zu de Jongen "Wenn dier et pakt aus irjend em Hoascht en deck Schonk här ze brängen, dan halen ech ech dä janzen Owend frej, dan konnt dir ech es saat Bier tranken. Dat brocht hän de Jongen net zwämol ze sôôn. Sej wossten och riecht, wo de best Schonk ze holle woar, nämlich bej däm selwer, dän sej dofirr ajestalt haat.
Welle woar awer noch dat Kätchen, däm Moan seng Tochter dohem, die dorft jo awer nejst merken, von däm wat sej virrhaten. Su jungen Hanni, Mechel un Bärend eran, firr maa Kätchen hirr Jucht ze machen.
Pitter un Johann kläterten an den Hoascht un holten de Schonk. Wie die zwien boußen fleten, wossten die anner drej, dat sej kunn muten.
Bej Manderscheids juf sech du es saat Schonk järs und Bier jetronk. Bemol mient dä Maan zu de Jongen: "Well mut dier mir awer noch son, wo dier die jut Schonk jeholt hät!" - "Ja", soten de Jongen du, "dou häs net nemmen de Bier bezahlt, dou has ach nach de Schonk jestahlt."
Van du an, hät sech dä Maan jut iwerloascht mat wäm hän de Schalek much.
Quelle: Mit freundlicher Genehmigung: Inge Schütz (geb. Geimer), Prüm - Dausfelder Höhe
Diese und noch mehr Geschichten aus der Eifel kann man nachlesen im Buch: "Eefeler Steckelcher on Vôzellcher", dass man im Buchhandel oder beim Geschichtsverein Prümer Land e. V. erwerben kann. Eine Mundart-CD dazu gibt es ebenfalls.